Zuverdienst bei Arbeitslosigkeit (Presseaussendung, 03.02.2025)
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Pressemitteilung
3. Februar 2025
Experte: Die hohe Arbeitslosigkeit spricht dagegen, die Zuverdienste für Arbeitslose abzuschaffen
Der Arbeitsmarkt hat sich gedreht, wie auch die neuen AMS-Arbeitsmarktdaten für Jänner 2025 verdeutlichen. Aus wissenschaftlicher Sicht spricht gerade jetzt viel dagegen, die Möglichkeiten zum Zuverdienst während der Arbeitslosigkeit abzuschaffen. Dass Arbeitslose ohne geringfügigen Zuverdienst früher einen regulären Job annehmen, setzt voraus, dass es diese Jobs auch wirklich gibt.
In Zeiten hoher Arbeitslosigkeit bedeutet die Streichung der Zuverdienstmöglichkeit letztlich nur mehr Armut. Zudem sind insbesondere Langzeitarbeitslose oft in Armut und deshalb häufig von sozialer Isolation bedroht. Die fehlenden Kontakte erschweren auch die Jobsuche. „Langzeitarbeitslose finden mehrheitlich über Bekannte und Verwandte neue Jobs“, betont Jörg Flecker, Arbeitsmarktforscher an der Universität Wien. In einer Firma zumindest geringfügig beschäftigt zu sein, kann Jobchancen eröffnen und sichert Kontakte. Diese Möglichkeit zu verbauen ist arbeitsmarktpolitisch daher nicht sinnvoll, so Flecker. Ein Zuverdienst aus geringfügiger Beschäftigung lindert die Armut, die mit Arbeitslosigkeit verbunden ist. Laut einer WIFO-Studie erhalten arbeitslose Personen mit einem Zuverdienst tendenziell ein niedriges Arbeitslosengeld. Eine besonders von Armut betroffene Gruppe, die alleinerziehenden Frauen, sind neben Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe häufiger in geringfügiger Beschäftigung als der Durchschnitt der arbeitslosen Personen. Den Zuverdienst zu verhindern, verschärft daher das Armutsproblem bei Arbeitslosigkeit. Geringfügige Beschäftigung während des Bezugs von Arbeitslosengeld zu verhindern, wurde mit dem Argument vorgeschlagen, dass dadurch Betroffene gezwungen seien, früher einen regulären Job anzunehmen. „Bei der aktuell hohen Arbeitslosigkeit ist es mehr als fraglich, ob die Betroffenen einen sozialversicherungspflichtigen Job statt der geringfügigen Beschäftigung finden könnten“, meint Jörg Flecker. Von den mehr als 365.700 Arbeitslosen im Jänner 2025 (ohne Schulungsteilnehmer:innen) sind über 111.300 Personen 50 Jahre alt oder älter und tun sich deshalb deutlich schwerer bei der Jobsuche. Mehr als 76.000 Personen haben Behinderungen oder andere gesundheitliche Probleme, die sie bei der Jobsuche benachteiligen (AMS 2025). „Hier finanziellen Druck aufzubauen ist zynisch“, so Flecker.
WIFO-Studie:
Benjamin Bittschi, Marian Fink, Thomas Horvath, Helmut Mahringer (2023): Effektabschätzung möglicher Reformen des Arbeitslosenversicherungsrechtes, Wien: Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO)
Aktuelle Arbeitsmarktdaten des AMS
AMS (2025): Arbeitsmarktdaten, URL https://www.ams.at/arbeitsmarktdaten-und-medien/arbeitsmarkt-daten-und-arbeitsmarkt-forschung/arbeitsmarktdaten#aktuelle-monatsdaten