Später in Pension gehen – Unternehmen haben es selbst in der Hand! (Presseaussendung, 29.11.2023)
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Pressemitteilung
29. November 2023
Die Pensionsdiskussion kocht immer wieder hoch und es werden verschiedene Lösungsvorschläge präsentiert, wie zuletzt von WIFO-Chef Gabriel Felbermayr. Wer aber will, dass ältere Beschäftigte länger arbeiten, muss sich mit ihren Arbeitsbedingungen auseinandersetzen, so das Fazit einer wissenschaftlichen Studie an der Universität Wien. Es wurde untersucht, wie Arbeitsbedingungen die Motivation von Menschen, länger zu arbeiten, beeinflussen. Überraschenderweise geht es dabei nicht nur um den Erhalt der Gesundheit, sondern auch um Selbstbestimmung und inhaltlich interessante Arbeit. Adäquate Arbeitsbedingungen können einen motivierenden Effekt auf ältere Arbeitnehmer:innen haben und sie ermutigen, länger zu arbeiten.
„Konkret konnte unsere Studie zeigen, dass das subjektive Alter (also wie alt oder jung man sich fühlt) und die Einschätzung der eigenen Gesundheit eine wichtige Rolle für Pensionspräferenzen spielen. Und diese Faktoren werden von den Arbeitsbedingungen beeinflusst“, meint Studienautorin Nadia Steiber, Professorin an der Uni Wien. Die Analysen zeigen, dass über 45-jährige Männer, die ihre gesundheitliche Situation als mittelmäßig oder schlecht einschätzten, um drei Jahre früher in Pension gehen wollen als jene, die bei guter Gesundheit waren. Auch die Arbeitsbedingungen haben einen Einfluss: Bei Männern, deren Arbeit ihnen die Entwicklung ihrer Kompetenzen und deren volle Anwendung erlaubt, liegt das bevorzugte Pensionsantrittsalter um vier Jahre höher als bei jenen, denen diese Möglichkeiten in der Arbeit fehlen. Ähnliches gilt für jene, die über selbstbestimmte zeitliche Flexibilität in der Arbeit berichteten: Sie wollen drei Jahre später in die Pension als jene die zeitlich hauptsächlich fremdbestimmt arbeiten. Arbeitnehmer*innen mit guten Arbeitsbedingungen, fühlen sich subjektiv jünger und präferieren in weiter Folge einen späteren Pensionseintritt – dies gilt für beide Geschlechter.
In der immer wieder geführten Pensionsdiskussion werden diese wichtigen Zusammenhänge vernachlässigt. Ob es um die Anhebung des tatsächlichen an das gesetzliche Pensionsantrittsalter geht oder um eine Erhöhung des letzteren: In den meisten Fällen werden die Arbeitsrealitäten und ihr Einfluss auf Pensionsentscheidungen ausgeblendet.
Diese Studie zieht den Schluss, dass politische Maßnahmen zur Erhöhung des Pensionsantrittsalters Präventionsmaßnahmen zum Erhalt der physischen Gesundheit am Arbeitsplatz brauchen, aber auch deutlich darüber hinausgehen müssen. Es sind v.a. kompetenzgerechtes Arbeiten und Entwicklungsmöglichkeiten in der Arbeit sowie Spielräume für selbstbestimmte Arbeit und Unterstützung bei der Vereinbarkeit von Arbeit und Familien- bzw. Privatleben erforderlich. Zur Verbesserung der Einschätzung der persönlichen Gesundheit sowie zur Reduktion des subjektiven Alters könnten staatlich und unternehmensfinanzierte Weiterbildungen und Umschulungen für ältere Beschäftigte ein probates Mittel darstellen.
“Wer das tatsächliche Pensionsantrittsalter erhöhen will, muss sich darum kümmern, die Arbeitsbelastungen älterer Arbeitnehmer:innen zu reduzieren und ihre zeitlichen und beruflichen Gestaltungsmöglichkeiten in der Arbeit zu erhöhen. Eigentlich haben es also die Unternehmen in der Hand, ihre Beschäftigten durch eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen länger im Arbeitsleben zu halten.“, fasst Nadia Steiber das Fazit der Studie zusammen.
Zur Studie:
Die Studie wertete Teile der Daten des ersten österreichischen PUMA-Surveys aus. Das Sample von 4.000 Befragten verringerte sich durch diverse Einschränkungen, etwa Altersgrenzen (45-75) auf 530 Fälle.
Publikation:
Nadia Steiber, Barbara Haas (2023): Working Conditions and Retirement Preferences: The Role of Health and Subjective Age as Mediating Variables in the Association of Poor Job Quality with Early Retirement in: N. Burnay et al. (eds.), Older Workers and Labour Market Exclusion Processes, Life Course Research and Social Policies 14, https://doi.org/10.1007/978-3-031-11272-0_8