Erntearbeit in Österreich (Mediengespräch 27.05.2024)

Die Struktur der österreichischen Landwirtschaft ist zwar von klein- und mittelgroßen Familienbetrieben geprägt, trotzdem haben familienfremde Arbeitskräfte schon immer einen maßgeblichen Beitrag zur landwirtschaftlichen Produktion geleistet. Das Interesse an ihrer Situation blieb aber lang Zeit sehr gering, die mediale Aufmerksamkeit stieg erst in jüngster Zeit angesichts der Covid 19-Pandemie und des Ukraine-Kriegs, als offensichtlich wurde, wie sehr die heimische Landwirtschaft vom Einsatz dieser familienfremden Arbeitskräfte abhängig ist. Über die letzten Jahrzehnte hat sich ein Beschäftigungsmodell etabliert, welches zwar viel Flexibilität ermöglicht, jedoch aufgrund demographischer, politischer und ökonomischer Veränderungen immer stärker unter Druck gerät.

Erntehelfer:innen und Saisoniers werden überall dort eingesetzt, wo saisonale Arbeitsspitzen auftreten und wenig Mechanisierungsmöglichkeiten gegeben sind, d.h. vorwiegend im Gemüse- und Obstbau. Die Arbeit ist meist körperlich anstrengend und erfordert je nach Bereich ein hohes Maß an Konzentration, Routine und Erfahrung. Die Saisoniers und Erntehelfer:innen kommen sowohl aus EU-Ländern und Drittstaaten, was zu einer unterschiedlichen rechtlichen Stellung am Arbeitsmarkt führt.

In den Medien werden immer wieder katastrophale Arbeitsbedingungen angeprangert. Die Aktivitäten im Rahmen der Kampagne „Sezionieri“ der Produktionsgewerkschaft PRO-GE für die Rechte der Erntearbeiter:innen in Österreich zielen darauf ab, diese sichtbar zu machen und zu beseitigen. Es lassen sich auch gewisse Parallelen mit dem Pflegebereich erkennen, der in ähnlicher Weise stark von der Verfügbarkeit an ausländischen Arbeitskräften abhängig und krisenanfällig ist, zum anderen aber auch mit der Situation der sogenannten „Gastarbeiter“ seit den 1960er Jahren erkennen.

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Moderation: Dr. Alexander Behr
Diskurs. Das Wissenschaftsnetz